Tagebruch 1861 bei Kämpchen

Dieser Gedenkstein des Heimatvereins liegt im Vorgarten Südstraße 175.
Die Inschrift ist fast nicht mehr lesbar.

 

 

 

 

 

 

TAGEBRUCH 1861
AM 9. MÄRZ 1861 FANDEN
AN DIESER STELLE 18 MÄNNER,
FRAUEN UND KINDER DEN TOD.
ANNO 1996
HEIMATVEREIN KOHLSCHEID 1932 E.V

 

Jugenderinnerungen: Lambert Schroiff (*26.10.1853)

Da der Beruf des Bergmanns der gefahrendrohendste der gesamten Industrie ist, ist ja genügend bekannt, und kann ich dieses Thema mit Stillschweigen übergehen. Nur ein schweres Unglück, welches ganz Kohlscheid in Aufregung und Trauer versetzte, will ich hier für die jüngere Generation schildern, da die älteren Leute dasselbe bis jetzt nicht vergessen haben werden. Es war im Jahre 1861, als plötzlich die Kunde mit laufender Geschwindigkeit Kohlscheid durcheilte: "18 arme Frauen und Kinder sind bei der Häusergruppe Kessels in eine Bodensenkung der Grube Kämpchen hinunter gestürzt und lebendig begraben." Und leider nur zu wahr erwies sich diese Kunde. Es war an einem Samstagmorgen, glücklicherweise, denn wäre dies Unglück zu einem anderen Wochentag eingetreten, die Zahl der Verunglückten wäre erheblich größer gewesen. Es hatte nämlich an der besagten Stelle eine erhebliche Bodensenkung stattgefunden, ein Loch war eingestürzt, wie damals der allgemeine Ausdruck hierfür lautete, und da dieses Loch von der Grube Kämpchen aus mit Grubenabfällen gefüllt werden sollte, und unter diesen Abfällen sich hier und da brauchbare Kohlen und Köhlchen befanden, welche letztere sich die verunglückten Frauen und Kinder am Rande des Loches aufsammeln wollten, das Loch sich plötzlich erweiterte, und alle in die Tiefe hinunterstürzten, und eine nachfolgende Erd- und Steinlawine alle unter sich begrub. Da es nun gerade Samstag war, hatten viele Frauen, welche sonst regelmäßig zu den Kohlensuchern gehörten, keine Zeit gehabt, hin zugehen und hatten diesem Zufall also höchstwahrscheinlich. ihr Leben zu danken. Das Kreuz am Eingang des sogenannten Kesselergäßchens steht heute noch zum Andenken an diesen unglücklichen Vorfall. (Das Gäßchen führte hinter dem Hause Südstraße 181 schräg hinüber zur Rolandstraße zum alten Ortsteil Kesseles. Das Kreuz stand noch bis nach dem letzten Kriege neben dem Hause Südstraße 181.)
Dann ist ebenfalls sechs bis acht Jahre später ein eigentümlicher Unglücksfall zu verzeichnen, bei welchem zwar keine Menschenleben zu beklagen waren, der es aber seiner Eigentümlichkeit wegen verdient, auch aufgezeichnet zu werden. Dies hat sich auch in der Nähe der Zeche Kämpchen, der Ortschaft Rumpen zu, ereignet und hatte folgenden Verlauf: Der Knecht eines hiesigen Landwirtes ist auf besagtem Felde mit Pflügen beschäftigt, und plötzlich verschwinden Pferde und Pflug vor seinen Augen in den Erdboden hinein. Er selbst fällt vor Schrecken ohnmächtig zu Boden, ohne glücklicherweise gleichfalls mit in die Tiefe zu stürzen. Er wurde am Rande des Loches aufgefunden und zwar in besinnungslosem Zustande, und hat derselbe sich erst nach langwieriger Krankheit von seinem Schrecken erholt.

Ergänzung Franz Sistemich

Franz Sistemich ("Der Bergbau in Kohlscheid nach 1700) ergänzend diesen Bericht mit Bezug auf die Gemeindechronik.

Der Durchmesser des Bruchs am 9. März 1861 war 35-40 Fuß groß, also ungefähr 11-12 Meter. Die Tiefe von 35 Klafter entspricht ungefähr 66 Meter.
Die Arbeiter der Grube Kämpchen füllten ihn mit Kohlenschiefer, sie waren fast fertig. In diesem Kohlenschiefer befinden sich gewöhnlich noch Kohlenteile, welche die armen Einwohner der Gemeinde als Brennmaterial auslesen.Von den über 20 damit beschäftigten Personen wurden 18 Personen, nämlich 2 Arbeiter, 6 Frauen und 10 erwachsene Knaben und Mädchen verschüttet.

Er vermutet, dass diese Personen von der nach gestürzten Erde gleich erdrückt worden sind. Eine Rettung der Verunglückten war unmöglich. Der alte Schacht blieb das Massengrab der Versunkenen.

Der Namensaufstellung nach beträgt das Alter der "erwachsenen Knaben" 12-15 Jahre, also noch Kinder. Sie kamen nicht nur aus der näheren Umgebung (Rumpen, Kohlscheid, Vorscheid - Kämpchen als Ortsteil gab es da noch nicht), sondern auch aus Klinkheide.