Centralbureau der Vereinigungs-Gesellschaft

Centralbureau Vereinigungsgesellschaft (Foto: Heinz Maas)
Centralbureau der Vereinigungsgesellschaft (Foto: Heinz Maas)

Der Blick auf das Gebäude des ehemaligen Centralbureaus der Vereinigungsgesellschaft von 1870 wird nicht nur durch die Vegetation verdeckt. Deshalb wird hier über das Gebäude aufgeklärt.

 

Über das Gebäude der EBV-Verwaltung in Kohlscheid kann man zwar viel lesen oder hören. Die Informationen zu diesem Gebäude sind jedoch widersprüchlich:

  • Es werden unterschiedliche Bezeichnungen verwendet: „Generalbureau“ bei Ebbert (ein Abschreibfehler?), vermutlich passender „Centralbüreau“ bei Buschmann.
  • Die Beschreibungen bzw. Ansichten des Baukörpers, vor allem des Daches und die  Anzahl der Fensterfassaden, stimmen nicht überein; es wird nicht klar, wie die vorliegenden Bilder  zum ursprünglichen Gebäude und späteren Veränderungen passen.
  • Vielfach ist nicht bekannt, dass es sich bei dem Ziegelbau um das historisch ältere Gebäude handelt. Ist es nur "Nebengebäude" der EBV-Hauptverwaltung.

Mich hat dieser oft übersehene alte Ziegelbau an der Bahnstraße immer fasziniert. Bei der Vorbereitung meines Bergbaurundgangs wurde mir klar, dass Ursprung und Funktionen dieses Gebäudes mehrheitlich unbekannt sind.


Die „Vereinigungsgesellschaft, anonyme Gesellschaft für Steinkohlenbau im Wurmrevier“ (VG), wurde als  Gegenpol zum "mächtigen" EBV 1836 gegründet. Die VG kontrollierte den größten Teil des Abbaus der Steinkohlenvorkommen im Bereich der Wurm. Zunächst hatte sie ihren Verwaltungssitz in Aachen.

Später befand sich das „Zentralbüro“ in Vorscheid an der Ecke Forstheider / Kamper Straße.

 

 

 

Im Jahre 1870 bezog die Administration der Vereinigungsgesellschaft ihr „Centralbureau“ in Kohlscheid an der Straßenecke Roermonder / Bahn Straße.

 

Der Gebäudekomplex von 1870

Ausschnitt aus dem Luftbild von 1925 (c) GABI Alsdorf
Ausschnitt aus dem Luftbild von 1925 (c) GABI Alsdorf

Nach Fertigstellung der EBV-Hauptverwaltung bildet der vergleichsweise schlichte Ziegelbau des Centralbureaus rechts an der Straßenecke Roermonder Straße (damals: Provinzial-Landstraße Aachen-Herzogenrath) und Bahnstraße den Westflügel des heutigen EBV-Hauptgebäudes. Hier war später der Haupteingang der Hauptverwaltung mit Pförtner.


Mit diesem Standort hatte man sich gegen eine innerörtliche Lage oder eine direkte Anbindung an einen Grubenstandort entschieden. Wichtiger war die günstige Erreichbarkeit. Die 1850 bis 1853 entstandene Eisenbahnlinie von Aachen nach Düsseldorf (über Herzogenrath) mit dem Bahnhof in Kohlscheid am Endpunkt der Bahnstraße sowie die Landstraße nach Aachen versprachen optimale Erreichbarkeit der neuen Hauptverwaltung für auswärtige Geschäftspartner und Mitglieder von Unternehmensgremien. (Buschmann)
Die Mauerabgrenzung zur Bahnstraße scheint erst später dazu gekommen zu sein. [???]


Ebbert beschreibt den Gebäudekomplex der VG so:

Der ältere westliche Flügel war ein zweigeschossiges Backsteingebäude mit flachem Satteldach und der Traufseite zur Bahnstraße mit 12 Fensterachsen. Zur Roermonder Straße ist der Mitteleingang in der fünfachsigen Stirnseite sowie ein zweigeschossiger Anbau, der als Pförtnerraum diente. Der nach Süden angrenzende, etwa 17 Meter lange Flügel mit acht Fensterachsen, stammt ebenfalls aus dem Jahre 1870, worauf die vergleichbar schlankeren Fensterrahmen hinweisen. Der Westflügel, in dessen Obergeschoss stets die Direktorenbüros und Besprechungszimmer waren, ist mehrfach umgebaut und modernisiert worden, so ausweislich der Baupläne aus den Jahren 1926 und 1938. Das an der Parkseite liegende Zimmer neben dem großen Besprechungsraum war immer dem Generaldirektor bzw. dem Vorstandsvorsitzenden vorbehalten. Im Zuge der Umbauarbeiten erhielt die Nordfassade vertikal durchgängig verlaufende Treppenhausfenster. Im Inneren des Gebäudes wurde außerdem die alte Eichenholztreppe, die die oberen Geschosse erschloss, durch eine massive Treppe aus Granitstein ersetzt, der eine großzügig angelegte Treppenhaushalle vorgelagert wurde. Die Fassade zur Roermonder Straße erhielt seine heute noch vorhandene Gestaltung.


Buschmann zählt nur 11 Fensterachsen. Er ergänzt:

Der vorgelagerte Anbau rechts vom Giebel an der Roermonder Straße wurde vermutlich beim Umbau von 1938 reduziert, während der 8-achsige Südflügel an der anderen Seite in die Erweiterung von 1910/11 einbezogen wurde. Aus dem Umbau von 1938 stammt auch die jetzige Fassadenfassung zur Roermonder Straße und die vertikalen Treppenhausfenster an der Bahnstraße.

Ein Augenzeuge berichtet von 1908

Der frühere Prokurist Johannes Frohn begann seine Arbeit in der EBV-Hauptverwaltung im Dezember 1907. 1963 schreibt er seine Erinnerungen an 50 Jahre im Dienst des EBVs auf. Sein Rückblick zeigt, wie es zur Zeit meines Dienstantrittes, also vor mehr als 50 Jahren, in den parterre gelegenen wenigen Räumen des Zentralbüros des alten Westflügels der heutigen Hauptverwaltung – der Ostflügel längs der Roermondersstraße wurde erst 1912/13 gebaut und fertiggestellt – aussah, wo drei Direktoren, drei Prokuristen (Handlungsbevollmächtigte gab es zu dieser Zeit beim EBV noch nicht), je ein Maschinen- und Elektroingenieur, Markscheider und Bauführer sowie etwa 20 Angestellte untergebracht waren. … Das zweite Stockwerk des Zentralbüros diente damals dem ersten technischen Direktor als Dienstwohnung. Im dritten Stockwerk waren Speicher und einige Räume zur Ablage von Akten vorhanden.

 

Ansichten aus verschiedenen Jahren

Zu den beiden ersten Abbildungen suche ich Rückmeldung. Welche der Ansichten sind historisch korrekt? Dazu findet sich leider nichts in den Quellen.

 

Dieser Ausschnitt aus einer Postkarte von 1903 zeigt ein Gebäude mit Satteldach und 12 Fensterachsen mit einem Mittelgiebel, den es nur auf dieser Ansicht gibt.

Der Vorplatz wirkt sehr repräsentativ.

 

Die Hauptverwaltung ist noch nicht gebaut. Kann es tatsächlich das "Centralbureau d. Vereinig. Gesellschaft" sein?

 

Die Zeichnung von nach 1910 wird als Abbildung in Gierlichs Artikel 1941 in den Heimatblättern verwendet.

Die Darstellung wirft mehr Fragen auf als sie klärt. Z.B., wann das Satteldach verschwunden ist?

Was von vorne wie ein Flachdach aussieht, zeigt Googel Earth Ende 2019 als sehr flaches Walmdach.Buschmann schreibt von einem "flachen Satteldach".

 

Der Blick auf das Gebäude wird 2021 durch Vegetation und Mauer zur Bahnstraße eingeschränkt.

 

 

2021     (c) Heinz Maas
2021 (c) Heinz Maas

Vorne links der Anbau für den Pförtnerraum (besser sichtbar unten auf dem Fotos des Brandes).

Daneben das Fensterband des Treppenhauses.

Unten, oberhalb der Linie der geparkten PKWs, der Grünbewuchs auf dem Flachdach des EDV-Anbaus.

Nachtrag 2023: Centralbureau nicht vom Brand verschont

Bei Großband des EBV-Gebäudekomplexes am 22.05.2023 wird das Centralbüro nicht verschont.

Das wird gut sichtbar in einem Video auf Yotube: https://www.youtube.com/watch?v=KwlBVR8L_Zo.